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Tests von CRPAs und anderen adaptiven GNSS-Antennensystemen

Tests von CRPAs und anderen adaptiven GNSS-Antennensystemen

Wie testet man komplexe aktive GNSS-Antennensysteme?

Die Fähigkeit, auf Störsignale und Spoofing-Attacken richtig zu reagieren, ist ein wesentliches Merkmal von GNSS-Empfängern in kritischen Umgebungen. Die Bedrohung durch Störungen der empfindlichen GNSS-Signale nimmt zu, sowohl aus zivilen Quellen, z. B. durch illegale Geräte zur Wahrung der Privatsphäre, mit denen der Standort eines Fahrzeugs verschleiert werden soll, als auch durch den Einsatz von Hochfrequenzstörungen (RFI) die als Methode der elektronischen Kriegsführung eingesetzt werden, um die Operationen eines Gegners zu stören.

Im militärischen Bereich führte die Notwendigkeit, missionskritische PNT-Systeme zu schützen, zur Entwicklung adaptiver Antennen, die in eine breite Palette von GPS-Empfängern nachgerüstet werden können. Adaptive Antennen werden auch zunehmend in kommerziellen Anwendungen wie Vermessung, Bergbau und autonomen Fahrzeugen eingesetzt.

Der Test adaptiver Antennensysteme, insbesondere wenn sie in sicherheits- und haftungskritischen Kontexten eingesetzt werden sollen, ist mit Herausforderungen verbunden, von der Festlegung von Prüfanforderungen, zur Auswahl von Prüfgeräten bis zur Durchführung einer Prüfung mit einem Hochfrequenz-Konstellationssimulator.

 

Adaptive Antennensysteme

Adaptive Antennensysteme gibt es in verschiedenen Formen, die Grundfunktion besteht darin, dass die Antenne den Empfang von echten GNSS-Signalen maximiert und gleichzeitig die Auswirkungen von Störsignalen abschwächt.

Die Abschwächung kann sowohl durch das physische Design der Antenne als auch durch Algorithmen erreicht werden, die das Verhalten der Antenne steuern. Zu den adaptiven Antennentechnologien gehören Antennen mit festem Strahlungs- oder Empfangsdiagramm (FRPA), die durch eine mechanische Barriere gegen den Signalempfang aus einer bestimmten Richtung geschützt sind, und Antennen mit kontrolliertem Strahlungs- oder Empfangsmuster (CRPA). CRPAs bestehen aus mehreren Einzelantennen, die ihr Empfangsmuster in Echtzeit in Richtung der echten Signale und weg von den Störsignalen lenken können. CRPA-Antennen sind in der Regel planar aufgebaut, wobei mehrere Antennen kreisförmig um ein zentrales Referenzelement angeordnet sind. Studien haben gezeigt, dass ein konvexes Design den zusätzlichen Vorteil bietet, dass das Strahlungsmuster sowohl vertikal als auch horizontal gelenkt werden kann. Die Steuerungsalgorithmen funktionieren durch Zuweisung und Änderung der Gewichtung für jedes Antennenelement auf der Grundlage der empfangenen Phasenverschiebungen der einzelnen Signale. Durch die Änderung der Gewichtung kann das Strahlungsdiagramm des Arrays so verändert werden, dass Nullen in die Richtung der unerwünschten Signale oder Verstärkungen in die Richtung der echten Signale gelenkt werden. Die kombinierte Ausgabe der Antennenelektronik wird an den GNSS-Empfänger zur weiteren Verarbeitung weitergeleitet, um Position, Geschwindigkeit und Zeit (PVT) zu ermitteln.

Die Steuerungsalgorithmen können in den GNSS-Empfänger eingebettet sein oder von einer separaten Antennenelektronikeinheit gesteuert werden. Die beste Leistung wird in der Regel erreicht, wenn die Algorithmen in den Empfänger (Rx) eingebettet sind und das System mit einer oder mehreren Trägheitsmesseinheiten (IMUs) integriert ist.

 

Herausforderungen bei der Prüfung adaptiver Antennen

Der Tests adaptiver GNSS-Antennensysteme bringt einige komplizierte Aufgaben mit sich. Die Fähigkeiten der Antenne und des Empfängers müssen in realistischen Szenarien und idealerweise mit der Möglichkeit, die gleichen Testbedingungen viele Male zu wiederholen, getestet werden.

Dies erfordert eine anfängliche Risikobewertung, um die Bandbreite der Interferenzszenarien zu verstehen, denen das System begegnen kann - einschließlich möglicher zukünftiger Szenarien - und das gewünschte Verhalten des Systems in Reaktion auf diese Szenarien. Ein Prüfplan muss diese Szenarien mit einbeziehen, um ihre Auswirkungen auf die Systemleistung zu verstehen. In jeder Phase der Produktentwicklung muss die geeignete Testmethode gewählt werden. Es gibt eine Reihe von Optionen, von denen einige eine erhebliche Investition an Zeit und Budget erfordern.

Geeignete Testgeräte - Hardware und Software - müssen ausgewählt werden, damit die Tests in einem Labor, einer Kammer oder unter freiem Himmel genau und zuverlässig durchgeführt werden können und auch künftigen Testanforderungen Rechnung getragen werden kann. Die Geräte müssen ordnungsgemäß installiert und konfiguriert werden, was insbesondere bei komplexeren kammerbasierten Tests erhebliche Fachkenntnisse erfordern kann.

Die Tests müssen korrekt eingerichtet und durchgeführt werden, und die Ergebnisse müssen genau überwacht und aufgezeichnet werden. Umfangreiche Tests können ein gewisses Maß an Testautomatisierung erfordern, die ebenfalls korrekt eingerichtet werden muss.

Testplanung

Ein wichtiger Teil der Testplanung ist die Entwicklung von Testszenarien, die auf den Bedrohungen basieren, denen das System oder Gerät im Betrieb wahrscheinlich ausgesetzt ist. Eine Risikobewertung legt fest, welche Antennen- und Empfängerfunktionen mit welchem Grad an Strenge und in welchen Szenarien getestet werden müssen.

Störungen, die das Gerät betreffen können, sind unter anderem:

Jamming

Sowohl die absichtliche Störung von GNSS-Frequenzen als auch unbeabsichtigte Interferenzen durch Funkübertragungen in Frequenzbändern nahe den GNSS-Frequenzen nehmen zu. Fahrzeugbesitzer erwerben illegale Störsender, um die bordeigene Telematik außer Kraft zu setzen. Auch der verstärkte militärische Einsatz von RF-Signalstörungen in Konfliktzonen hat Auswirkungen. Interferenzen durch benachbarte Frequenzbänder werden häufiger, da die an die GNSS-Bänder angrenzenden Frequenzen anderen Diensten zugewiesen werden.

 

Spoofing

GNSS-Spoofing, das Aussenden gefälschter, aber für den Empfänger täuschend echter GNSS-Signale, war früher eine seltene Störtechnik, ist aber mit dem Aufkommen von Software-Defined-Radios (SDR) einfacher und billiger geworden. Ein kostengünstiges Spoofing-Gerät kann aus Komponenten aus dem Internet und heruntergeladenem Open-Source-Code gebaut werden.

Obskuration

GNSS-Signale, die nach dem Prinzip der Sichtlinie funktionieren, werden durch Objekte am Boden wie hohe Gebäude, Hänge und dichtes Laubwerk blockiert. Ein GNSS-gestütztes System ist nicht nur verwundbar, wenn es keine Satellitensignale empfangen kann, sondern auch, wenn es einen verdeckten Bereich verlässt, wie etwa einen Tunnel oder eine Tiefgarage. Bei dem Versuch, ein Signal wieder zu empfangen, kann es einem Spoofing-Angriff ausgesetzt sein, der dazu führt, dass es sich auf das gefälschte Signal einstellt und nicht auf ein echtes.

Multipath

Zusätzlich zu den direkten (Sichtlinien-) Signalen vom Satelliten können die Signale mehrere Wege nehmen: Sie werden von Gebäuden oder anderen Objekten in der Umgebung reflektiert oder gebeugt. Diese Signale haben einen etwas längeren Weg zurückzulegen und kommen daher etwas später beim Empfänger an als Signale mit Sichtverbindung. Ohne Entschärfung können Mehrwegsignale dazu führen, dass der Empfänger eine ungenaue Entfernungsmessung ausgibt, die sich in einer falschen Position niederschlägt.

 

Unterschiedliche Testmethoden

Kabelgebundene Tests mit simulierten Signalen und Störungen

Bei einer leitungsgebundenen Prüfung werden alle relevanten Elemente der HF-Umgebung über ein Koaxialkabel direkt an die Antennenelektronik übertragen. Die Signale einer einzelnen oder mehrerer Satellitenkonstellationen werden von einem HF-Konstellationssimulator (RFCS) erzeugt, der optional Mehrweginterferenzen und Signalverdeckungseffekte sowie atmosphärische Störungen einbezieht. Nachteil - bei den durchgeführten Tests wird die physische Antenne umgangen, so dass die Auswirkungen des Antennenverhaltens auf den Empfänger nicht bewertet werden.

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Bild Spirent: Konfiguration der Simulation einer CRPA Antenne
 

Live-Sky"-Tests auf einem Freigelände

Die Tests werden auf einem Freigelände mit Live-Satellitensignalen und mit echter Stör- und Spoofing-Ausrüstung durchgeführt (mit den entsprechenden behördlichen Genehmigungen), um die Signale aus dem Weltraum zu stören.

Die Reichhaltigkeit und Authentizität der realen Umgebung bietet einen zuverlässigen Anhaltspunkt für die reale Leistung der Antenne und des Empfängers in Gegenwart von HF-Störungen. Bei Tests unter freiem Himmel besteht jedoch das Risiko von Kollateralschäden an GNSS-abhängigen Systemen in der Nähe des Testbereichs. Um dieses Risiko zu mindern, muss die Leistung der Störsender und Spoofer oft reduziert werden. Die Leistung der Antenne und der Antennensteuerungssysteme kann immer noch bewertet werden, aber da der Maßstab des Aufbaus beeinträchtigt ist, sind die Winkelmessungen möglicherweise weniger genau als wünschenswert.  Darüber hinaus können Feldversuche unter freiem Himmel erhebliche Kosten in Bezug auf Zeit, Ressourcen und Ausrüstung verursachen. Die reale HF-Umgebung ändert sich ständig, und Bedingungen wie die Satelliten in Sichtweite, Mehrwegeffekte und Temperatur können nicht kontrolliert werden, was bedeutet, dass die Testbedingungen nie exakt wiederholbar sind. Dies führt zu Problemen bei Genauigkeit und Zuverlässigkeit, wenn die Tests iterativ durchgeführt werden.

Absorberkammer mit fester Antennengruppe

Antennen im zoned chamberDie herkömmliche Methode zur Konfiguration eines reflexionsarmen Raums für CRPA-Tests besteht darin, eine Sendeantenne (Tx) im gleichen Azimut und in der gleichen Höhe wie dem zu emulierenden Satelliten aufzustellen. Die Antenne sendet dann die Signale dieses Satelliten mit einem Einkanal-GNSS-Signalsimulator pro Antenne. Störquellen wie Störsender und Spoofer können in der Kammer platziert werden.

Für zusätzliche Realitätsnähe in dynamischen Szenarien kann die Rx-Antenne auf einem Drehtisch/3D-Positionierer montiert werden, der die Lageänderungen der simulierten Fahrzeugplattform nachbildet. Für Einheiten wie Handgeräte können Gegenstände wie Reflektoren und Signalabschwächer (z. B. ein menschlicher Kunstkopf)

neben dem DUT (Device under Test) platziert werden, um eine realistische Umgebung zu simulieren. Mehrwegeffekte, Verdunkelungen und atmosphärische Interferenzen können mit Hilfe fortschrittlicher 3D-Umgebungsmodellierung und Strahlenverfolgung eingeführt werden. Von Vorteil ist die vollständige Kontrolle über die Testumgebung, so dass dieselben Bedingungen wiederholt werden können, um verschiedene Antennen, Antennendesigns oder Antennenanordnungen zu testen. Die Antennenhardware wird in den Test einbezogen, zusammen mit dem Potenzial für unterschiedliche Ankunftswinkel der Signale auf der Hardware.

Die Beschränkungen des Kammerdesigns machen es jedoch schwierig, die Geometrie einer bestimmten GNSS-Konstellation genau nachzubilden oder eine Umgebung mit mehreren Konstellationen zu simulieren

Feste Sendeantennen sind nicht in der Lage, die Bewegung von Satelliten in der Umlaufbahn abzubilden, sondern repräsentieren vielmehr einen bestimmten festen Standort, eine bestimmte Uhrzeit und ein bestimmtes Datum. Es sind nur sehr kurze Testszenarien möglich (etwa 30 Minuten), da die Umgebung schnell unrealistisch wird. So lässt sich die Fähigkeit des Empfängers bewerten, GNSS-Signale zu erfassen und zu verfolgen, und es kann die Strahlformungsfähigkeiten des CRPA belegen, aber es ist keine wirksame Methode zum Testen eines aktiven oder reaktionsfähigen Antennensystems.

 

 

Zonenkammer mit Simulation der GNSS-Satelliten in der Umlaufbahn

Eine Zonenkammer verwendet ebenfalls feste Antennen, die in einem regelmäßigen Muster von Azimut- und Elevationswinkeln verteilt sind. Im Gegensatz zu Konfigurationen, die eine feste Sendeantenne und einen Einkanalsimulator pro Satelliten erfordern, wird in der Zonenkammer jedoch eine Sendeantenne pro Zone verwendet, von der aus alle Signale in dieser Zone ausgestrahlt werden.

 

 

 

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Die Signale eines bestimmten Satelliten werden in einer Zone ausgestrahlt, bevor sie in dieser Zone abgeschaltet werden und sofort in die nächste übergehen, wodurch das Muster der Satellitenbewegung in der Umlaufbahn emuliert wird. Durch die realistische Simulation bestimmter Satellitenkonstellationen, die die Erde umkreisen, stellt das Konzept der Zonenkammer den neuesten Stand der Technik bei OTA CRPA-Tests dar.

Die Größe der Zonen kann je nach den Testanforderungen und den Abmessungen der Kammer angepasst werden. Die Erfahrung von Spirent mit bereits erstellten Zonenkammern hat gezeigt, dass 31 Zonen die optimale Konfiguration darstellen. Eine geringere Anzahl Zonen in niedrigeren Höhenlagen und eine höhere Zonendichte oberhalb von 10° kann eine bessere Darstellung der Orbitalbahnen bieten.

Eine kleinere Zonengröße ermöglicht eine bessere Darstellung der Orbitalpfade. Der Grund dafür ist, dass der Signalwinkel mit zunehmender Umlaufbahn zum Zonenrand hin ungenauer wird und eine kleinere Zonengröße den Abstand zwischen der Bohrstelle (im Zentrum der Zone) und dem Zonenrand verkürzt. Der Nachteil kleinerer Zonen in höheren Lagen besteht jedoch darin, dass es mehr Übergänge oder Übergaben von Zone zu Zone gibt.

Jedes Satellitensignal wird unabhängig bewertet. Zwar kommt es zu einer kleinen Signalunterbrechung, wenn Signale aufgrund einer unvermeidlichen Diskontinuität in der Trägerphase die Zonen wechseln, doch wirkt sich dies nur auf das Signal des betreffenden Satelliten aus. Dies kann zu einem kurzzeitigen Verlust der Trägerverriegelung des betroffenen Satelliten führen, aber diese Ereignisse treten nur selten auf und es ist unwahrscheinlich, dass mehr als ein Satellit gleichzeitig betroffen ist. Das Ausmaß hängt von der Qualität der Kalibrierung ab. Die Häufigkeit des Wechsels nimmt mit der Anzahl der Zonen zu; bei einem System mit 31 Zonen wäre ein typischer Rhythmus alle 2-3 Stunden für ein statisches Fahrzeug.

Wie bei der festen Kammer können Störquellen wie Störsender und Spoofer an beliebiger Stelle in der Kammer platziert werden. Ein Rate Table/3D-Positioner, Reflektoren und Signalabschwächer können verwendet werden, um zusätzlichen Realismus zu schaffen. Realistische Mehrwegeffekte, Verdunkelungen und atmosphärische Interferenzen können mit Hilfe einer fortschrittlichen 3D-Umgebungsmodellierung gestaltet werden, die die Ankunftswinkelinformationen der Signale berücksichtigt und entsprechend manipuliert.

Eine zonierte Kammer ermöglicht es, die Bewegung echter GNSS-Konstellationen in der Umlaufbahn zu simulieren. Einzelne Konstellationen (z. B. GPS, Galileo, GLONASS) können simuliert werden, aber auch Kombinationen von Konstellationen (z. B. GPS + Galileo + GLONASS). Die Testszenarien können länger laufen, ohne an Realitätsnähe zu verlieren. Dadurch eignet sich die zonierte Kammer für die Validierung aller Aspekte des CRPA-Systems, einschließlich Strahlformung, Nullsteuerung und SFAP/STAP-Verarbeitung. Azimut und Elevation jedes Satelliten können realistisch nachgebildet werden, so dass Peil- und Antispoofing-Fähigkeiten zuverlässig bewertet werden können.

Das Zonenkammer-Konzept wurde 2014 von Spirent unter dem Titel „Over the air GNSS testing using multi-channel generators to create spatially dispersed signals” (USPTO patent no. 8854260) patentiert.

Autor: Spirent Communications
Aus dem Englischen übersetzt und gekürzt von: Lange-Electronic GmbH, Daniela Knöferl

Alle Bilder @Spirent

Original Whitepaper:

Characterising CRPAs and other adaptive antennas
How to test CRPAs and other advanced GNSS antenna designs

Download:  https://nextcloud.lange-electronic.com/s/KDAmfc4cexWHjmY

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